Nachgang der Konferenz "(De)zentrale Energiewende"

Die erste gemeinsame Konferenz des Leibniz-Forschungsverbunds Energiewende nahm das Spannungsverhältnis zwischen zentral und dezentral organisierten Strukturen der Energieerzeugung,-verteilung und -speicherung in den Blick. Ziel der Tagung war es, die vielfältigen Konfliktlinien aufzuzeigen, die sich durch die voranschreitende Dezentralisierung ergeben, sowie mögliche Lösungswege interdisziplinär zu diskutieren. In einer Podiumsdiskussion wurden auch Perspektiven aus Politik und Praxis eingebunden. Zur Bildergalerie

30.08.2016

Ein Themenfeld waren Marktgestaltung und -regulierung. Im Zentrum stand hier die Frage,wie ein dezentral organisiertes Versorgungssystem in Einklang gebracht werden kann mit liberalisierten Energiemärkten. Welche Möglichkeitenzur Dezentralisierung von Marktbeziehungen gibt es, und wie sind sie zu bewerten? Welche Vorteile bietet umgekehrt eine Vergrößerung von Marktgebieten (auch im Hinblick auf die europäische Strommarktintegration)?

Diskutiert wurden auch die sozialen Auswirkungen der Energiewende. Im Fokus stand hier die Frage, welche Rolle "Prosumer" (Produzent-Konsument) als wichtige Akteure der Energiewende einnehmen und wie diese Rolle in Zukunft gestaltet werden sollte. Unter anderem wurde festgestellt, dass die Motivation zu Eigenproduktion und -verbrauch nicht nur finanziell, sondern oft auch ideell begründet ist. Zur Sprache kam außerdem der Widerstand, der sich gerade im lokalen Rahmen zunehmend gegen einzelne Elemente der Energiewende wie Windparks oder Übertragungsleitungen formiert, der jedoch im Widerspruch zu den hohen Zustimmungsraten steht, die die Energiewende überregional verzeichnet. Im Kern dieser Aushandlungsprozesse liegt oft die Frage nach der Deutungshoheit über das Allgemeinwohl.

Power-to-X-Technologien zur Energieumwandlung und -speicherung standen im Mittelpunkt einer weiteren Session. Gefragt wurde, inwiefern die Speicherung von elektrischer Energie in Form von Gas, Wärme oder Brennstoff technisch und wirtschaftlich effizient ist beziehungsweise welche sozialen Voraussetzungen für die Markteinführung gegeben sein müssen.

Welche neuen Handlungsräume schafft die Energiewende, und wie können sie gestaltet werden? Diesen Fragen widmete sich die letzte Runde. Im Zentrum stand hier die Diskrepanz zwischen dem Engagement in lokalen, oft informellen Initiativen einerseits und den Steuerungsmöglichkeiten über politisch-administrative Einheiten andererseits. Inwieweit können durch neue Handlungsräume Gestaltungsmöglichkeiten für Akteure erschlossen, Teilhabe gesichert, Akzeptanz verbessert und Konfliktpotenziale erneuerbarer Energien reduziert werden?

Die Konferenz fand darauf keine abschließende Antwort. Vielmehr wurde deutlich, dass die Zielkonflikte zwischen ökonomischer Effizienz und zivilgesellschaftlichem Gestaltungsspielraum, zwischen zentraler Koordination und dezentralen Innovationen, auf verschiedenen Ebenen und mit vielfältigen Mitteln bearbeitet werden müssen.